Nach den Aufzeichungen von 2002-2005 hier die von 2006.
20 Jahre Beirat Zivile Krisenprävention – Auszüge aus persönlichen Aufzeichnungen[1] und Berichten zu den Anfängen des Beirats im Kontext des Politikfeldes ZKP (II) von Winfried Nachtwei, MdB 1994-2009 (Mai 2025)
2006
21.1. (F+S 2006-01): Strategiekonferenz der Kooperation für den Frieden über Zivile Konfliktbearbeitung in der Außen- und Sicherheitspolitik in Hannover mit ca. 50 TeilnehmerInnen: Prof. Hanne-Margret Birkenbach konstatiert eine umfassende „Restauration“ in der Außen- und Sicherheitspolitik, einen „bleiernen Militarismus“ und eine ideologisch geschlagene Friedensbewegung, die nur noch eine kleine radikale Minderheit sei. Die Bemühungen von Rot-Grün auf dem Feld der Zivilen Konfliktbearbeitung erwähnt sie am Rande. H.M. B. ruft dazu auf, in der Politik mit allem zu rechnen und sich nicht nur auf eine Bedrohung – wie seitens der Friedensbewegung öfter geschehen – zu kaprizieren. Auch warnt sie angesichts der Fülle von Akteuren, Interessen, Zufällen vor einem Glauben an die Steuerungsfähigkeit von Konflikten und die „Machbarkeit“ von Frieden und damit einher gehenden mangelndem Gefahrenbewusstsein.
Reinhard Voß, Generalsekretär von Pax Christi, spricht über „Zivile Konfliktbearbeitung – Möglichkeiten und Grenzen eines vielversprechenden Konzepts. Prof. Andreas Buro stellt das Monitoring-Projekt der Kooperation für den Frieden vor: Zu ausgewählten Krisen sollen seitens der Zivilgesellschaft ganz konkret alternative Wege der zivilen Konfliktbearbeitung entwickelt und ihre Umsetzung angemahnt werden. Ich halte eine solche kritisch-konstruktive Begleitung von Politik für ausgesprochen notwendig, sinnvoll, aber auch sehr anspruchsvoll. Die von mir verteilten Materialien zur Zivilen Konfliktbearbeitung beinhalten auch die Teile des Bundeshaushalts 2005, die eindeutig der Zivilen Konfliktbearbeitung zuzurechnen sind.
23.1. 3. Sitzung des Beirats „Zivile Krisenprävention“ im AA:
Begrüßung durch AA-Staatsminister Gernot Erler.
– Bericht aus dem Ressortkreis: Ländergesprächskreis Nigeria (Arbeit abgeschlossen), AG`en Sicherheitssektorreform und Missionspersonalgesetz, Einrichtung einer neuen RK-AG „Rolle der Privatwirtschaft in ZKP …“ beschlossen
– Bedeutung der Gesundheitspolitik für die Krisenprävention
– Selbstverständnis und Arbeitsweise des Beirats, Empfehlungen des Beirats zum Bericht
26.1. Bei der Wahl zu Gremien im Bundestag entsendet die Große Koalition in den Stiftungsrat der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF) zwei Unions- und einen SPD-Vertreter. Damit sind die Grünen (und ich als ihr Vertreter) und die jetzige Opposition insgesamt nicht mehr im Stiftungsrat vertreten. Angesichts unseres besonderen Engagements für die DSF (Gründung, Kapitalaufstockung aus Mitteln des Verteidigungsetats!) und des bisherigen Desinteresses der Union an der DSF ist das äußerst bedauerlich. Das wird uns aber nicht daran hindern, die DSF auf anderem Wege zu begleiten und zu unterstützen.
ZIF After Work Briefing über „Zivile Missionen der EU im Rahmen der ESVP – Probleme der Planung und Durchführung“ mit Dr. Annika Hansen (Brüssel) und Dr. Christof Weil (AA): Auf den Weg gebracht beim EU-Gipfel in Helsinki 1999 erfährt dieses neue Instrument der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ein enormes Wachstum, zzt. laufen 12 EU-Missionen mit einem Gesamtetat von 50 Mio. Euro. In Aceh und Palästina waren ausdrücklich nur EU-Missionen erwünscht! Gegenwärtig wird ein hundert Experten umfassendes „Civilian Response Team“ für schnelle zivile Reaktionsfähigkeit aufgebaut. Der Leiter des Zentrums Internationale Friedenseinsätze, Dr. Winrich Kühne, stellt die gerade erschienene ZIF-Wandkarte „Friedensmissionen 2006 mit deutscher Beteiligung“ vor: Alle Friedensmissionen sind mit ihrer Lead-Organisation, mit den Zahlen an Militärs, Polizisten und Zivilisten und den jeweiligen deutschen Anteilen erfasst. Die Karte veranschaulicht den Umfang und die Unterschiedlichkeit verschiedener Friedensmissionen. (www.-zif-berlin.de)
Nur punktuelle Teilnahme am zweitägiger internationaler Workshop on the Action Plan „Civilian Crisis Prevention”, veranstaltet vom Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), Duisburg, und der Stiftung Entwicklung und Frieden (SEF), Bonn, in der Katholischen Akademie in Berlin. (vgl. www.inef.uni-duisburg.de, www.sef-bonn.org)
27.1. Tod von Johannes Rau. Ich erinnere mich an drei Episoden mit ihm: Vor zehn Jahren sprach er in Bonn bei der Verabschiedung des ersten Kurses für Friedensfachkräfte. Im Rahmen des neuen Zivilen Friedensdienstes. Er war der einzige Spitzenpolitiker der „ersten Reihe“, der sich kontinuierlich für dieses gesellschaftliche Friedensprojekt einsetzte. Vor fünf Jahren erlebte ich ihn bei der 750-Jahr-Feier der Stadt Riga: wie zugewandt und herzlich er sich von unserem langjährigen Freund Margers Vestermanis, Ghetto- und KZ-Überlebender und Leiter des Jüdischen Museums, die herrliche Altstadt von Riga zeigen ließ. Am 19. Juni letzten Jahres traf ich ihn und seine Frau im Raucherabteil des ICE nach Berlin: Auch er verstand Schröders Kündigung der rot-grünen Koalition nicht und war ratlos, wie es weitergehen sollte. Eine Reihe vor den Rau`s sitzend war nicht zu überhören, wie viele ganz normale zwischenmenschliche Telefonate er führte. Als ich mich verabschiedete, gab er mir die Mahnung mit auf den Weg, nicht zu viel zu arbeiten.
29.1. Jahreshauptversammlung der Friedensinitiative Nottuln bei Münster: Die FI wird dieses Jahr 25 Jahre alt und wird von 18 Aktiven und über 70 Mitgliedern getragen. Der Tätigkeitsbericht bietet mit der Breite und Resonanz der Aktivitäten im letzten Jahr wieder allen Grund zu Staunen und höchster Anerkennung. Mit ihrer Arbeit zu Tschetschenien, Afghanistan, Afrika, erneuerbaren Energien, Kampf gegen Armut, Europäischer Verfassung, Erinnerung, Zivilem Friedensdienst, USA etc. ist die FI ein Prototyp für umfassende, gemeinsame und vorausschauende Friedensarbeit. (vgl. www.fi-nottuln.de) Im 2. Teil mein Vortrag zur „Sicherheits- und Außenpolitik nach dem Regierungswechsel“ und Diskussion – Koalitionsvertrag und erste Praxis der Großen Koalition, Perspektiven grüner Sicherheits- und Friedenspolitik in der Opposition, Erneuerung nicht durch Revision, aber durch Revitalisierung.
15.2. Parlamentarischer Abend ForumZFD: Vorteil des ZFD, dass Friedensfachkräfte mit > 2 Jahren so lange vor Ort wie niemand sonst; dicht an der lokalen Gesellschaft; zzt. 130 entsandt, davon 40% Afrika, DES 58, AGEH 25, Forum 12: Etat 1999 1,5 Mio., 2005 13,8;
Gespräch mit dem Krisenbeauftragten des AA O. Henning: Er wechselt im April zum East-West-Institute in Brüssel; Nachfolger erst im Sommer. Zur Lage: Weiterhin Nische, nicht operativ; bottom up läuft, top down fehlt; Spitzen befürworten den Ansatz, aber auch nicht mehr. Die Peacebuilding-Commission ab Sommer aktiv. Beim Weißbuch-Prozess der Ressortkreis bisher nicht einbezogen.
16.2. ZIF After Work: Film „The Peacekeepers – Der Preis des Friedens“ über die Konflikteskalation im September 2003 in Ituri/DRC, wo Ruanda-Szenario drohte und verhindert wurde. (Kladde XXI)
3.3. (F+S 2006-03): Presseerklärung über die Inbetriebnahme der mit deutscher technischer und finanzieller Hilfe errichten Chemiewaffenvernichtungsanlage in Kambarka und meine Beteiligung daran für die Lokalpresse: Nach der prominenten Medienresonanz in Russland, der Mini-Resonanz in der überregionalen deutschen Presse ist die Resonanz bei der Lokalpresse null. ( http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&catid=2-34-85&aid=310 )
5.3. Jahrestagung der AG für Friedens- und Konfliktforschung in Berlin, Abschlusspodium zu „Berliner Friedenspolitik aus Sicht der Bundestagsfraktionen und gesellschaftlichen Gruppen: Anspruch, Wirklichkeit, Zukunft“
6.3. Wissenschaftliches Interview zur Entwicklung der Zivilen Krisenprävention in der Zeit der rot-grünen Koalition, insbesondere des Projekts „zivik“
Zusammen mit der Bundesvorsitzenden Claudia Roth Brief an die Grüne Partei zum 10-jährigen Bestehen des Forum Ziviler Friedensdienst; zugleich Grußwort an das Forum.
Festakt zu 10 Jahren Forum Ziviler Friedensdienst in der Saarländischen Landesver-tretung mit ca. 150 Gästen. Auf der Bühne souverän moderiert von Miryam Gehrke NRW-Minister Laschet (Beteiligter an unserer ZFD-Parlamentarierinitiative von 1996), Ministerin Wieczoreck-Zeul im Gespräch mit Jens Schneider (SZ) und vor allem die Seelen und Pionieren des ZFD – Helga und Konrad Tempel, Tilman Evers, Willi Erl – und Friedensfach-kräften Heike Kratt und Anna Crummenerl (Palästina), Piet Girke (Afghanistan/Kunduz) und Otto Rafai (Kroatien). Diese Menschen sind der Höhepunkt des Abends: Sie präsentieren ihre Arbeit anschaulich, präzise, differenziert, engagiert, humorvoll und rundum überzeugend. Solche Menschen repräsentieren ein viel größeres gesellschaftliches Wirkungspotenzial, als es in den relativ niedrigen Zahlen von Friedensfachkräften zum Ausdruck kommt. Die Ministerin überbringt als ihr Geburtstagsgeschenk die Anerkennung des Forum als Entsendeorganisation im Sinne des Entwicklungshelfergesetzes. Die umrahmende Klezmer-Musik von Harry`s Freilach könnte nicht passender sein: Sie ist quirlendes Leben und gibt ein Gefühl vom Himmel auf Erden, bester Frieden eben. Bis auf einen Bericht unter www.forumzfd.de und einen guten Artikel von Johanna Metz in „Das Parlament“ vom 13.3.06 (www.das-parlament.de) bleibt die Medienresonanz äußerst gering. ( http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&catid=77-81-124&aid=309 )
10.-12.3. Teilnahme an der Jahrestagung der Plattform für Zivile Konfliktbearbeitung über „Allianzen für Zivile Konfliktbearbeitung“ und dem Schlusspodium in der Evang. Akademie Bad Boll. Die neuen Dialogforen, Kooperationen und Allianzen, die ich seit einigen Jahren immer mehr in der Friedens- und Sicherheitspolitik erlebe, sind für mich das Ermutigendste in einem Politikfeld, wo man angesichts des rasanten Wachstums an Risiken, Bedrohungen und Herausforderungen und dem Zurückbleiben politischer Lösungskompetenz mit guten Gründen depressiv werden könnte.
Im Mai wird die Bundesregierung dem Bundestag ihren ersten Bericht zum Aktionsplan Zivile Krisenprävention der Bundesregierung vorlegen. An dem Bericht und seiner Aufnahme im Parlament wird sich entscheiden, wie ernst die Bundesregierung und die Fraktionen diesen – international vorbildlichen – Ansatz nehmen. Inzwischen sind seine Handicaps (personelle und finanzielle Unterausstattung, zu wenig Steuerungskompetenz beim Ressortkreis) immer deutlicher zutage getreten.
30.3. Gespräch mit der 50-köpfigen Besuchergruppe aus dem Münsterland, die auf meine Einladung hin und organisiert vom Bundespresseamt in drei Tagen Berlin intensiv erlebt. Zur Gruppe gehören 18 Mitglieder der Grünen Jugend Steinfurt, die seit vorigem Jahr eine sehr aktive Gruppe gebildet haben. Gemeinsamer Besuch des Zentrums Internationale Friedenseinsätze (ZIF), dessen „unsichtbare“, aber friedenspolitisch enorm wichtige Arbeit von leitenden Mitarbeitern anschaulich vorgestellt wird.
5.4. (F+S 2006-04): Unterausschuss Abrüstung: Iran-Verhandlungen; ausführlich zur G8-Initiative „Globale Partnerschaft“ mit Vertretern von AA, BMWi und BMVg. Für die drei Projekte (Chemiewaffenvernichtung, physischer Schutz von Nuklearmaterial, Teilentsorgung russischer Atom-U-Boote) sind jährlich bis 2012 im Bundeshaushalt 120 Mio. Euro veranschlagt. Davon kommen ca. 90% an Aufträgen zurück. Der Anstoß zu dieser wenig bekannten, aber herausragenden deutsch-russischen Abrüstungszusammenarbeit kam mit einem Bundestagsbeschluss vom 24.6.1992! (a) CW-Vernichtung: In die erste Vernichtungsanlage in Gorny wurden ca. 50 Mio. Euro investiert. Hier wurden inzwischen alle Bestände (Hautkampfstoff Lewesit) vernichtet. In die Anlage Kambarka am Ural gingen knapp 150 Mio., sie konnte Anfang März ihren Betrieb aufnehmen. (s. mein Bericht unter www.nachtwei.de) Für das nächste Projekt in Leonidovka sind 160-180 Mio. Euro vorgesehen. L. ist eine besondere Herausforderung, weil es hier erstmalig um die Vernichtung von munitionierten Nervenkampfstoffen geht – und das zehn km nah an der 500.000-Einwohner-Stadt. (b) In der Nerpa-Werft werden die Atom-U-Boote zerlegt. Die Reaktorsektionen von jeweils 1.600 to werden auf Spezialfahrgestellen zu einer 30 ha großen Betonfläche an der Saida-Bucht verbracht und sollen dort für 70 Jahre zwischengelagert werden. Im Winter herrschen hier Temperaturen von 30-40° C. Bisher sind sechs der 120 Atom-U-Boote zerlegt. Generalunternehmer sind hier die Energiewerke Nord aus Ludmin, angeblich das führende AKW-Stilllegungs-Unternehmen weltweit. Der erste Bauabschnitt soll im Juli in Betrieb genommen werden. (c) Beim physischen Schutz nuklearer Materialien geht es u.a. auch um zur Abrüstung bestimmte Atomwaffen. In die strikt geheim gehaltenen Orte haben nur Experten aus USA und Deutschland Zutritt. Die Dimensionen dieses Problemfeldes sind riesig, die Risiken wegen Lage und möglicher Innentäter besonders hoch.
6.4. Treffen mit den MdB`s Andrea Nahles (SPD), Heike Hänsel (Linksfraktion) und Ute Koczy (Grüne) zwecks parlamentarischer Unterstützung des Zivilen Friedensdienstes. Gespräch mit den ehemaligen deutschen Botschaftern Peter Mende und Arne Seiffert über den Dialog mit der islamischen Welt.
11.4. Übersicht „Haushaltstitel zur Zivilen Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ im Bundeshaushalt 2006.
18.-12.4. Erkundungsreise nach Kinshasa/DRC im Hinblick auf die geplante EUFOR-Mission zur unterstützenden Absicherung der Wahlen
6.5. (F+S 2006-05): Pax Christi Kongress „Europas Friedenspflicht und soziale Verantwortung: Welches Europa wollen wir?“ in Fulda mit über 50 Teilnehmern: Fish-Bowl-Runde „Friedenspflicht Europas“ zusammen mit Dr. Ben Schennink, PC Niederlande, Dr. Albert Fuchs, PC-Kommission Friedenspolitik, moderiert von Gerald König. Hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung der „Militärfrage“ (Deutsche eher prinzipiell-distanziert bis ablehnend, Niederländer pragmatischer) konstatiert ein älterer holländischer PC`ler: „Wir sehen eher die Opferseite, Ihr eher die Täterseite.“
31.5. Das Bundeskabinett verabschiedet ihren ersten Bericht über ihre Politik der Krisenprävention und die Umsetzung des Aktionsplans „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“. (www.auswaertiges-amt.de) Die Presseerklärung von Außenminister Steinmeier bleibt ohne jede Presseresonanz. Der Bericht selbst ist bisher noch nicht veröffentlicht.
8.6. (F+S 2006-07): Eröffnung der Peace-Counts-Ausstellung im Stuttgarter Rathaus mit OB Schuster, Michael Gleich, dem Peace-Counts-Initiator, und John Doggerty, ehemaliger IRA-Terrorist. M. Gleich: „Alle wollen Frieden, sind aber vom Krieg fasziniert.“ Die sanfte Gegenmacht der Friedensberichterstattung hat erste Erfolge: Im Rahmen von Peace Counts entstanden Reportagen in 26 Ländern, die insgesamt 36 Mio. Leser fanden. Der WDR (Heiner Wember aus Münster) produzierte achtzehn 30-Minuten-Sendungen. Jetzt sollen die Erfahrungsschätze in die Regionen zurückgespiegelt werden. Der 52-jährige J. Doggerty begann mit 15 Jahren seine IRA-Karriere, wurde mit 16 gefasst, entkam 1983 aus dem Hochsicherheitstrakt, saß in den USA 9 Jahre in Auslieferungshaft und kam als 46-Jähriger raus aus dem Gefängnis. Er trifft sich inzwischen regelmäßig mit Ex-Kämpfern der anderen Seite und arbeitet mit Jugendlichen gegen den Gewaltvirus. Gespräche mit Journalisten und Fotographen der hochprofessionellen und ungewöhnlichen Agentur „Zeitenspiegel“, von denen etliche bei Peace Counts mitmachen. (www.zeitenspiegel.de)
13.6. Teilnahme an der Podiumsdiskussion „Mehr Frieden wagen“ zu sieben Jahren Ziviler Friedensdienst und anlässlich der umfassenden ZFD-Dokumentation in der Katholischen Akademie in Berlin mit BMZ-StS Erich Stather. Dr. Jochen Hippler, Dr. Gisela Kurth (Eirene) und Heinz Wagner/ForumZFD, moderiert von Mirjam Gehrcke (Deutsche Welle). Die Broschüre präsentiert den ZFD mit Projekten in sieben Ländern und Beiträgen von Jochen Hippler und Bodo von Borries anschauliche und überzeugend. Sehr empfehlenswert! (www.ziviler-friedensdienst.de)
19.6. 4. Sitzung des Beirats ZKP: Vorstellung und Diskussion des ersten Fortschrittsberichts der Bundesregierung zum Aktionsplan (Botschafter Eberle); aus dem Ressortkreis: AG Missionspersonalgesetz, AG Sicherheitssektorreform., AG Rolle der Privatwirtschaft, Lessons Learned Ländergesprächskreis Nigeria, dt. Ressortzusammen-arbeit bei der EU-Mission im Kongo; ZKP und dt. G8-Vorsitz.
3.7. (F+S 2006-07): Frühwarnung in der politischen Praxis: Beratungspapier „Dringende Fragen: Afghanistan auf der Kippe?“, Versendung an Afghanistan Experten. Kernthese: „Im fünften Jahr nach Sturz der Taliban ist die Entwicklung alarmierend. Die Sicherheits- und psychologische Lage verschlechtert sich sprunghaft und gefährdet den sowieso viel langsameren Aufbauprozess. Die Stabilisierung Afghanistans gerät auf die Kippe. Vieles deutet darauf hin, dass der Internationalen Gemeinschaft und der Zentralregierung immer mehr die Herzen der Menschen verloren gehen, dass die bisher respektierten ISAF und Bundeswehr immer mehr in Gefahr sind, weniger als Sicherheitsunterstützung und mehr als Besatzungstruppe wahrgenommen zu werden. Würde ISAF zu einer Besatzungstruppe, dann wäre ISAF am Ende und nicht mehr zu verantworten. Das aber wäre eine strategische Niederlage der Staatengemeinschaft, die sie sich nicht erlauben kann.“ Bevor die Sommerpause voll losbricht und wertvolle Monate verloren gehen, möchte ich mit dem Papier einen Überprüfungsprozess anstoßen. Die in den Folgetagen eintreffenden Antworten bestätigen – leider – alle meine düstere Analyse.
6.7. Fritz Däuble neuer Krisenbeauftragter (vorher Bundespräsidialamt, Warschau): Er hat sich freiwillig für den Posten gemeldet, er bringt hohe Motivation mit. Der Ressortkreis habe ich zuletzt im Februar getroffen. Zum Politikfeld gebe es eine diskussionslose Zustimmung, viel Unsichtbarkeit, mangelndes Verständnis von Fähigkeiten, ressortübergreifendem Denken, do no harm.
17.7. Auf dem Markt ist jetzt das zweisprachige Buch „Pazifismus. Ideengeschichte, Theorie und Praxis“, hrg. von Barbara Bleisch und Jean-Daniel Strub, Bern/Stuttgart/Wien (Haupt-Verlag) 2006. Ich bin einer der 16 AutorInnen mit dem Beitrag „Pazifismus zwischen Ideal und politischer Realität“.
25.8. (F+S 2006-08): Erster Berliner Friedenslauf unter dem Motto „Mehr Frieden wagen“ auf der Straße des 17. Juni zur Unterstützung und Popularisierung des Zivilen Friedens-dienstes. Veranstaltet vom ForumZFD, jungundjetzt e.V. und der Schulstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und unterstützt von der DAK beteiligen sich mehr als 400 Schülerinnen und Schüler. Toll, wie viele Schulkinder dabei mitmachen und richtig kämpfen. Die Kooperation mit dem direkt anschließenden „Berliner Firmenlauf Business Run & Skate“ ist eine enorme logistische Hilfe. Zusammen mit Henning Niederhoff, Sprecher des Arbeitskreises „Ziviler Friedensdienst in Deutschland“, werbe ich von der Bühne für eine Stärkung des ZFD. Da der Schirmherr Michael Preetz von Hertha BSC kurzfristig ausfällt, greife ich zum Zweck des Startschusses nach 39 Jahren mal wieder zur Waffe. Ganz und gar nicht unpassend ist, dass der Friedenslauf in Höhe des martialischen sowjetischen Ehrenmals beginnt und endet. Im Begleitprogramm zum Friedenslauf besuchen fünf Friedensfachkräfte Berliner Schulen, unter ihnen auch Heike Kammer, die seit etlichen Jahren in Chiappas/Mexico arbeitet.
8./9.9. (F+S 2006-09): Tagung „Suche den Frieden und jage ihm nach“ der Katholischen Akademie Rabanus Maurus in Wiesbaden. Podium zusammen mit Prof. Thomas Hoppe (BW-Uni Hamburg) und Prof. Berthold Meyer (HSFK) zu „Frieden: Eine Aufgabe für Forschung und (Real-)Politik? Oder: Der friedensethische Anspruch an Forschung und Politik. Hier treffe ich auch Wolfgang Burgstein, Geschäftsführer von Justitia et Pax in der Schweiz. Er war als Wahlbeobachter im Ostkongo und erlebte die unschätzbare Rolle von MONUC wie das äußerst gewissenhafte Engagement von WahlhelferInnen.
23.9. Eröffnung der Ausstellung „Frieden braucht Fachleute – Alternativen zur Gewalt“ anlässlich 25 Jahre Pax Christi Regionalstelle Osnabrück/Hamburg in Osnabrück. Vortrag bei der Eröffnungs-veranstaltung im voll besetzten Rathausfestsaal. SchülerInnen der Graf-Friedrich-Schule in Diepholz führen ein „Peace-drama“ auf, das sie im Rahmen der „global-classroom-conference“ im Sommer in Hiroshima vorgeführt haben. Die Ausstellung des Forum Ziviler Friedensdienst ist bis November im Erich-Maria-Remarque-Haus zu besichtigen. Es ist immer wieder gut, auf den Ausstellungstafeln alt bekannte Friedenspraktiker zu treffen. Umfassend und anspruchsvoll ist das Begleitprogramm, z. B. ein von Silvia Westendorp angeleitetes Kunstprojekte mit Jugendlichen, z.B. Michael Gleich mit Peace Counts.
6.10. (Kladde XXII): Gespräch mit AA-Krisenbeauftragtem Däuble und G.S., VLR mit mehrjähriger Erfahrung in Konfliktländer: (a) zu Afghanistan, insbesondere kritische Aspekte des Polizeiaufbaus; (b) Umsetzungsbericht: Fast nichts an Reaktionen, Anstoß aus Politik notwendig. Fernziel: Steuerung krisenpräventiver Maßnahmen über ein Gremium mit entsprechender Ausstattung. „Nachtwei-Millionen konnten 2006 nicht vernünftig eingesetzt werden, wohl in 2007. Wenn es wenigstens AA-intern einen Infoaustausch über Krisenengagements gäbe! Die Scharnierfunktion mit Zivilgesellschaft über den Beirat sei holprig. (…)
18.10. Fünf Jahre Projekt zivik (Zivile Konfliktbearbeitung) des Instituts für Auslandsbeziehungen/ifa: Podiumsdiskussion „Ziviles Krisenengagement – auch in der Demokratischen Republik Kongo?“ in der Hessischen Landesvertretung mit ifa-Präsidentin Ursula Seiler Albring, Botschafter Friedrich Däuble (Krisenbeauftragter), Eveline Rooijmans/Oxfam Novib (Soziale Versöhnung und Reintegration ehemaliger Rebellen), Jean-Marie Gasana/Forum on Early Warning and Early Response (Stärkung der Rolle regionaler Experten in Friedensprozessen) und Dominic Johnson/taz, Annette Weber/Ökumenisches Netz Zentralafrika und 150 Gästen. Im Jahr 2000 wurde durch Grüne Initiative der AA-Haushaltstitel „Friedenserhaltene Maßnahmen“ für Projekte der Zivilgesellschaft geöffnet. Seit 2001 wurden ca. 350 Projekte in 50 Ländern gefördert. Hierzu ist gerade das Buch „Frieden und Zivilgesellschaft. Programm, Praxis, Partner. 5 Jahre Förderprogramm zivile Konfliktbearbeitung“ im Wochenschau-Verlag erschienen. Erstmalig werden hier die verschiedenen neuen Instrumente und Maßnahmen der Zivilen Konfliktbearbeitung in Deutschland umfassend dargestellt. Wertvolle Dokumentation der vielen zivik-Projekte, gegliedert nach Ländern. Ein so reichhaltiges wie übersichtliches Nachschlagewerk. Empfehlenswert! (www.cms.ifa.de)
21.-22.10.: Hammelburger Kongress „Politik und Konfliktlösung am Beispiel Afghanistans“ auf Initiative von Hans-Josef Fell, Grüner MdB aus Hammelburg, in Zusammenarbeit mit der Infanterieschule/VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr und dem Initiativkreis Plattform Zivile Konfliktbearbeitung unter der Schirmherrschaft von Eurosolar. Den Auftakt bildet die Beobachtung einer VN-Ausbildungsübung: VN-Militärbeobachter überwachen die Waffenstillstandslinie zwischen North und South Rhönland, 1. Treffen des Leiters der Militärbeobachter mit einem Warlord in der Team Base. (Bei der Militärbeobachterausbildung arbeitet das Zentrum mit 61 Ländern zusammen. In den meist vierköpfigen multinationalen Teams ist internationale Teamfähigkeit Grundvoraussetzung. 75% der Ausbildung ist Praxis. Das VNAusbZBw ist in seiner Art weltweit einmalig und stellt seit fünf Jahren den Vorsitzenden der entsprechenden NATO-Struktur. vgl. www.geuntrgcentre.de) Auf der Tagung referieren Walter Kolbow/Außenpolitischer Koordinator der SPD-Fraktion, Brigadegeneral Berger/Kommandeur Infanterieschule, Joachim Engel/Interkulturelle Kommunikation, Dr. Herbert Sahlmann, Ex-BMZ, Tobias Pietz, BICC + Plattform, Reinhard Palm/BMZ, Dr. Matthias Ries/DED, Werner Zittel/Bölkow-Stiftung, Hermann Scheer, Dr. Stephan Klingebiel/Dt. Institut für Entwicklungspolitik, Brigadegeneral Glatz, stv. Kommandeur der Division Spezielle Operationen, Christian Schmidt/Parl. Staatssekretär im BMVg, Claudia Roth, Oberst Reinhard Barz (Leiter des VN-Ausbildungszentrums) und ich. Zentrale Aussagen: „Es darf nicht chic sein, Soldaten zu schicke.“ (Berger) „Jedes Handeln ist Kommunikation. Es kommt darauf an, verstanden zu werden.“ (Engel) „ISAF und OEF auseinanderhalten!“ Der zivil-militärische Austausch funktioniert auf dieser Tagung vor dem Hintergrund der hier versammelten vielfältigen Einsatzerfahrungen ausgesprochen gut. Die Saale-Zeitung berichtet am 23.10. mit einer Sonderseite vom Kongress. Die Dokumentation der Tagung erscheint in Kürze.
6.11. (F+S 2006-12): 5. Beirat ZKP im Auswärtigen Amt: – Botschafter Friedrich Däuble neuer RK-Vorsitzender
– Aus dem Ressortkreis: Integration des Thema ZKP in die Ausbildung der „nachwachsenden Generation“ der Ministerien; Kleinwaffenprojekt in der DR Kongo; Durchführung einer Open Space Konferenz „Afghanistan – Was kann die Zivilgesellschaft zur Stabilisierung beitra-gen?“ am 14./15.12. im AA; Studie über Strukturen von Partnerländern im Bereich Friedens-konsolidierung; RK-AG Sicherheitssektorreform (Interministerielles Rahmenkonzept)
– Ressourcensicherheit und ZKB
– Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und Krisenprävention
– VN-Kommission für Friedenskonsolidierung
25.11. Partielle Teilnahme an der Jahresmitgliederversammlung des Forum Ziviler Friedensdienst in Berlin: Lutz Schrader referiert über „ZFD: Belastbares Instrument der Gewaltprävention im Ausland?“, Ute Finckh über „ZFD – ein deutsches Phänomen? Europäische und weltweite Perspektiven gewaltfreier Konfliktbearbeitung“, Sarah Degen/Regionalkoordinatorin Balkan, über den Stand der ZFD-Arbeit auf dem westlichen Balkan. Herzliche Verabschiedung von Friedensfachkräften. Ich erlebe die Mitgliederversammlung als ausgesprochen informativ, angenehm und hoffnungsvoll: Viel Erfahrung aus professioneller Friedensarbeit in Krisenregionen ist hier zusammengekommen; der Generationenwechsel hat geklappt: Neben den alten Fahrensleuten wie Helga und Konrad Tempel spielt die dritte Generation eine tragende Rolle.
- Mehr aktives Grünes Interesse!! (Ausführlich in Kladde XXIII)
In Kabul übergeben heute Polizeibeamte des deutschen Polizeiprojekts in einer Schule Tische und Schulbänke. Sie wurden vor Ort gezimmert und über eine private Spendenaktion von PolizistInnen finanziert. Ich hatte einen der engagierten Polizisten beim letzten Rückflug von AFG kennen gelernt.
11.12. Beratungsgespräche zum 1. Umsetzungsbericht zum Aktionsplan (u.a. mit Martina Fischer)
12.12. Teilnahme am After Work Briefing im ZIF „Die Wahlen im Kongo: Verlauf, Probleme, Erfahrungen vor Ort“ mit acht Lang- und MittelzeitwahlbeobachterInnen, die z.T. monatelang und schon beim Verfassungsreferendum vor Ort waren: Die Berichte vermitteln einen anschaulichen und bewegenden Eindruck von den riesigen Problemen des Wahlprozesses, dem phantastischen Engagement der Bevölkerung und der Zivilgesellschaft – dabei zentral die Katholische Kirche – sowie der Bedeutung der internationalen Präsenz. Jetzt kommt es darauf an, den Schwung und die breiten Hoffnungen zu unterstützen und nicht hängen zu lassen. Mein spontaner Vorschlag einer großen öffentlichen Veranstaltung zum Kongo-Erfolg mit Wahlbeobachtern, Soldaten, dt. MONUC-Mitarbeitern etc. findet breite Zustimmung. Den Vorschlag wiederhole ich im Verteidigungsausschuss, im Bundestagsplenum und am 18.12. in einem Brief an die Minister Steinmeier und Jung und die Vorsitzenden der zuständigen Ausschüsse.
14.12. Teilnahme an der Eröffnung der Tagung „Afghanistan – Was kann die Zivilgesellschaft zur Stabilisierung beitragen?“ im Auswärtigen Amt nach der open space Methode mit ca. 50 AFG-Kundigen. Der Auftakt ist vielversprechend. Das Ergebnis wird dokumentiert. Am Rande Kurzumfrage zum Umsetzungsbericht Aktionsplan / Positionenzum Weißbuch
15.12. (F+S 2006-12 und Kladde XXIII) Rede im Bundestag bei der 1. Lesung des ersten Umsetzungsberichtes zum Aktionsplan Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung, der vom Kabinett am 31. Mai gebilligt wurde. (Es ist die erste Plenardebatte zum Aktionsplan, anderthalb Jahre nach Beschluss!!) Redner:innen: AA-StM Erler, Königshaus (FDP), Haibach (CDU), Uta Zapf (SPD), ich, Hänsel (Linke). Erstmalig äußern sich Union (bisher eher desinteressiert) und FDP (früher machte man sich lustig) erkennbar aus Einsicht positiv gegenüber dem unter Rotgrün entstandenen Aktionsplan. Seine Aktualität liegt angesichts der wachsenden Ernüchterung im Hinblick auf militärische Auslandseinsätze für die RednerInnen auf der Hand. Ich mache Vorschläge zur Weiterentwicklung (breite Zustimmung, u.a. von Erler): Stärkung des Ressortkreises Krisenprävention (personell, eigener Ressourcenpool mit „neuem“ Geld, Anbindung an die Staatssekretärsebene), Aufstellung von zivilen Planzielen, Kommunikationsstrategie, um diesen sperrigen Ansatz sichtbar zu machen. Bezeichnend ist der heutige Google-Test: Für den mehr als zweijährigen Aktionsplan gibt es 28.700 Treffer, für das seit zwei Monaten auf dem Markt befindliche Weißbuch 125.000 Treffer. Der Umsetzungsbericht nach sechseinhalb Monaten 50 Treffer! Er ist damit de facto ein Geheimbericht! Bis Januar werden wir für die Ausschussberatungen einen Antrag erarbeiten. Wünschenswert wäre und nicht unmöglich ist, dass daraus ein interfraktioneller Antrag entsteht.
Bemerkenswert ist die Haltung der Linksfraktion: Der Aktionsplan wird unter Verweis auf die „unfriedliche Politik“ der Bundesrepublik abgetan. Zur konkreten Weiterentwicklung der sonst immer eingeforderten Zivilen Krisenprävention wird nichts beigesteuert.
Die Debatte findet null (!) Medienecho. Das liegt nicht nur am Zeitpunkt (früher Freitagnachmittag am letzten Sitzungstag vor der Weihnachtspause). Es ist symptomatisch – und angesichts der immer lauteren Rufe nach stärkeren zivilen Anstrengungen z.B. in Afghanistan ein Groß-Versagen. Alles ruft nach mehr zivil, aber kaum jemand interessiert es! Das gilt für die Medien und die relativ wenigen sicherheitspolitischen Journalisten genauso wie für die Öffentlichkeit, die antimilitaristischen Teile der Friedensbewegung wie für viele Grüne. Für Soldaten und ihre Angehörigen kann das nur äußerst beunruhigend sein. Vielleicht sollte zur Bedingung von Mandatsverlängerungen oder gar neuen Einsätzen gemacht werden, dass es ein ausgewogenes zivil-militärisches Zusammenwirken gibt und dass die diplomatisch-zivil-polizeiliche Seite verbindlich befähigt wird, ihre Hausaufgaben zu machen. Unsere flankierenden politischen Anträge reichen längst nicht mehr aus. Wir brauchen definierte Fähigkeiten und eine verbindliche Umsetzungs- und Wirksamkeitskontrolle
Eine erfreuliche Nachricht: Das im Ressortkreis ZKP erarbeitete „Interministerielle Rahmenkonzept zur Unterstützung von Reformen des Sicherheitssektors in Entwicklungs- und Transformationsländern“ liegt nun vor. Bisher wurden ca. 70 Beiträge zur Sicherheits-sektorreform von fünf verschiedenen Ministerien (AA, BMZ, BMVg, BMI, BMJ) geleistet.
15.12. Feuerwehr-Autos nach Kongo! (Kladde XXIII): „Vor Wochen hatte mich Monika Lazar, MdB für den Verein „Lebendiges Kongo“ gefragt. Heute teilt mir PSt T. Kossendey telefonisch mit, dass es klappt: Bw kann mit Antonov von Leipzig zwei Feuerwehrfahrzeuge nach Kinshasa schaffen. Da es rechtlich nicht ganz hasenrein ist (BRH lt. AA „kein Bundesinteresse“, BMVg-StS Wiechert auch erst widerspenstig), keine Papiere. Es wird gemacht, weil Abg. Nachtwei es wünscht, der so viel für Bw tut. Regelung der technischen Details direkt mit Dr. Kingoma und von Butler.
15.12. Evangelische Akademie Loccum: „Welche Sicherheit, für wen und mit welchen Mitteln? „Erweiterte Sicherheit“ und das neue Weißbuch in der Diskussion“ mit den Referenten Marc von Boemcken/BICC, Dr. Bruno Schoch/HSFK und Barbara Lochbihler, Dr. Martina Fischer und Renate Wibke-Launer, Andreas Zumach/taz, Prof. Volker Matthies, Dr. Reinhard Mutz/IFSH, Dr. Jochen Hippler, Generalmajor Dietrich Genschel (+). Am Rand Gespräch mit Rainer Nolte und Peter Martes (Lt.des Projekt zivik / Institut für Auslandsbeziehungen / ifa) zu ZIVIK: Lt. Eberle / AA ggb. dem ifa-Präsidenten sollen die Projekte nicht verstetigt werden (Widerspruch zum Aktionsplan). Vorgestern kam vom AA-Referat GF02 der Bescheid für Januar: Reduzierung der operativen Mittel um >30%, in 2008 um 250.000 weniger! Auf operativer Ebene und bei Mittelbewirtschaftung ausgebremst! Immer stehen Entsandte im Mittelpunkt, viel zu wenig / gar nicht die lokalen Kräfte. Insgesamt vielleicht 3 Mio. hierfür / Jahr. Rhetoric gap! Notwendig wäre eine gemeinsame Darstellung / Präsentation der verschiedenen Akteure! „Buch zivik“
19.12. Auf Einladung der Atlantischen Initiative „Atlantic Happy Hour“ zum Thema „Bundeswehr und NATO in Afghanistan“ mit Dr. Constanze Stelzenmüller/German Marshall Fund, General Schneiderhan/Generalinspekteur, Dr. Rudolf Adam/Präsident der Bundessicherheitsakademie und einem NATO-Vertreter, moderiert von Michael Innacker. Trotz der kompetenten Teilnehmer und eines kundigen Publikums kreist das Panel zu viel um die Frage einer deutschen Beteiligung im Süden. Die tatsächlichen Probleme des internationalen AFG-Engagements (Widersprüche zwischen Stabilisierung, Terrorbekäm-pfung und Aufbau, eklatante Rückstände des Polizei- und allgemeinen Aufbaus, strategisches Durcheinander bei der Drogenbekämpfung, das pakistanische „Hinterland“) kommen kaum bis gar nicht zur Sprache. Wieder und wieder: „Mit Militär allein ist es nicht zu machen.“ Aber für das andere interessieret sich kaum jemand! Mir kommt der Gedanke: „So geht Afghanistan verloren“.
(XXIII) „Unter vier Augen mit GI: Jetzt habe er eine NATO-Anfrage auf den Tisch bekommen: Tornado-Aufklärer, zzt. politische Prüfung. Dass verschiedene Partner sehr verschieden vorgehen, bestätigt er: USA wollen nur Taliban erledigen … Kernproblem: Herrschaft der Militärs, ISAF-Kommandeur Richards sehr eng / stur. Es muss auf die politische Ebene! Er bestätigt auch meine Wahrnehmung, dass es der zivilen Seite notorisch am Verständnis für Fähigkeiten mangelt!
22.12.2006: Telefonat mit Paul Elmar Jöres / WDR: „Vor kurzem Gespräch mit S3 aus Mazar. Man stehe vorm Scheitern! Konzept prima, aber unzureichend unterfüttert. Zivile Mittel fehlen, AA stellt notwendige Berater nicht. Zwischen Nationen völlig unterschiedliche Vorstellungen. (…) Viel werde schöngeredet.“
[1] Handschriftliche persönliche Aufzeichnungen Kladde XV-XXIII, ab Februar 2002, und Persönliche Kurzmeldungen zur Friedens- und Sicherheitspolitik ab Juli 2003, veröffentlicht auf www.nachtwei.de