Minister-Anhörung in der Enquete-Kommission Afghanistan

Mit den ehemaligen Ministern Fischer, Wieczorek-Zeuk + de Maiziere wurde erstmalig die politische Führungsebene befragt.

Minister-Anhörung in der Enquete-Kommission Afghanistan, Winfried Nachtwei, 11.07.2023

Seit einem dreiviertel Jahr tagt in Berlin die Enquete-Kommission des Bundestages, die den deutschen zivil-militärischen Afghanistan-Einsatz bilanzieren und politische Lehren daraus formulieren soll. Unter den 24 Kommissionsmitgliedern, davon 12 Bundestagsabgeordneten, bin ich einer der 12 Sachverständigen. Zur 10. öffentlichen Anhörung waren erstmalig ehemalige Bundesminister, also Akteure der politisch-strategischen Ebene eingeladen: der ehemalige Außenminister und Fraktionskollege Joschka Fischer (1998-2005), die ehemalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieszorek-Zeul (1998-2009), Ex-Kanzleramts-, Innen- und Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (2005-2018) sowie der frühere BND-Präsident Gerhard Schindler (2012-2016). (Mitschnitt der gesamten Anhörung:   https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw27-pa-enquete-regierung-955574 )

Sie nahmen zur Rolle der Bundesregierung bei der Führung des Afghanistan-Einsatzes Stellung, nur begrenzt bis gar nicht zu den Gründen seines strategischen Scheiterns. Ich fragte danach, wie man vor dem Hintergrund des extremen Multitasking von Bundesministern politische Führung bei einem so hochkomplexen Kriseneinsatz noch realitätsnah und wirkungsorientiert praktizieren könne und welche Rolle dabei innenpolitische Rücksichtnahmen spielten. In der zweiten Fragerunde konfrontierte ich die drei Ex-Minister mit meiner Erfahrung, dass eine seit 2006 immer wieder geforderte ressortübergreifende Wirkungsanalyse des Einsatzes bis 2021 von wechselnden Bundesregierungen verweigert worden war. Lachen kam auf, als Joschka Fischer auf eine Frage nach Widerständen in der grünen Fraktion gegen den Einsatz in den Jahren 2004/05 sich nicht an solche erinnern konnte und durch den Saal rief „Winni hilf mir“.

Wenige Wochen zuvor waren mit Ruprecht Polenz, 2005-2013 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, Reinhold Robbe, 2002-2005 Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, dann bis 2010 Wehrbeauftragter, Helmut Königshaus, 2010-2015 Wehrbeauftragter, und Tom Koenigs, 2006/07 Leiter von UNAMA in Afghanistan, 2009-2017 MdB parlamentarische Mitauftraggeber des Einsatzes in der Kommission angehört worden.

Im Rahmen der Projektgruppe 1 der Kommission („Stabilisierung und Sicherheit“) verfasste ich den Textentwurf zum Thema „Afghanistaneinsatz und Parlamentsbeteiligung“.

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